Wanderwoche in Südtirol

Die Anmeldung zu einer Wanderfahrt im Jahr 2021 vorzunehmen, während der Corona-Pandemie, und dann auch noch ins Ausland(!), stellte schon ein gewisses Risiko dar und verlangte Mut und Zuversicht. Immerhin wagten es doch 24 Wanderfreudige – und keiner von ihnen sollte es bereuen.

Heiligkreuzkofel

Heiligkreuzkofel

Das Wetter hier in Westfalen vor der Fahrt war schlecht und verhieß auch für die Zeit in Südtirol nichts Gutes. So konnte man am Sonntag, 19.9.2021, dem Tag der Anreise, bei ersten Erkundungsgängen nicht auf Regenkleidung oder Regenschirm verzichten. Doch es war der letzte von Wolken verhangene Tag, schon am nächsten Morgen erstrahlte der Himmel azurblau und blieb es auch an allen Tagen bis zur Abreise.

Am ersten Tag wanderten wir zur Hochebene von Pralongia, von wo man einen herrlichen Blick auf die umliegenden Gebirgsstöcke hat. Es bildeten sich verschiedene Wandergruppen je nach Anspruch, Länge und Schwierigkeit der jeweiligen Strecken, wobei die zahlreichen Seilbahnen in Alta Badia gern angenommene Erleichterungen boten.

Überhaupt klappte es mit der Aufteilung in Wandergruppen ganz vorzüglich, nachdem meine Frau Ute und ich das Programm des nächsten Tages mit alternativen Wanderrouten bei unseren allabendlichen Zusammenkünften in der Bar nach dem üppigen Abendessen vorgestellt und erläutert hatten. Es fanden sich immer auch schnell Wanderführer für die jeweiligen Routen – ein besonderer Dank geht hier noch einmal an Inge Fischer, Juliana Ebing und Manfred Kowal!

Sassongher

Sassongher

Für wenig Geld erwarben wir eine Wochenkarte für alle Busse in Südtirol, die gut von uns genutzt wurde. So fuhren wir am Dienstag auf das Grödnerjoch und starteten von dort in die Puezgruppe. Eine große Gruppe wanderte auf dem Dolomitenhöhenweg Nr. 2. Eine karge Hochgebirgslandschaft und Fernblicke zur Seiser Alm und über das Eisacktal hinaus, aber auch die Überschreitung einiger kleiner Pässe nach anstrengenden Serpentinen ließen manches Herz höher schlagen. Der Abstieg durch das schöne Edelweißtal nach Colfosco rundete diesen Wandertag ab.

Sella

Sella

Der Mittwoch stand im Zeichen der Geschichte. An der Grenze von Alta Badia, die auch die Grenze zwischen Südtirol und dem Trentino ist, fand im Ersten Weltkrieg ein entbehrungsreicher Hochgebirgskrieg statt, an den heute viele Soldatengräber, Kapellen und andere Gedenkstätten erinnern. Besonders eindrucksvoll finden sich diese Zeitmonumente am Lagazuoi, einem knapp 2800m hohen Berg über dem Falzaregopass. Von dort stiegen die Wanderinnen und Wanderer hinauf zur Lagazuoihütte, ein Teil über den Kaiserjäger-Klettersteig. Der Abstieg vom Lagazuoi zum Falzarego erfolgte durch ein Labyrinth von Gängen, die von den österreichischen Kaiserjägern aus dem Fels gehauen wurden für Verteidigungsstellungen und Unterkünfte. Die Ungeheuerlichkeit des Krieges und die schrecklichen Bedingungen für die Soldaten wurden uns deutlich, für einige auch bei dem Besuch des nahen Weltkriegsmuseums. Vom Lagazuoi aus sieht man auch den Kegel des Col di Lana, wo die Italiener die gesamte Bergkuppe mit der darin befindlichen österreichischen Stellung weggesprengt haben.

Bindelweg-Fedaiasee, Marmolada

Bindelweg-Fedaiasee, Marmolada

Der Donnerstag brachte die längste Anfahrt mit dem Bus: Über den Campolongopass ging es zum Pordoipass. Aber es sollte sich lohnen. Vor uns lag mit dem Bindelweg einer der schönsten Wanderwege der Dolomiten mit prächtigen Ausblicken, unter anderen auf den Fedaiasee und auf die Marmolada, den mit 3343m höchsten Gipfel der Dolomiten.

Dem Hotel gegenüber liegt der Heiligkreuzkofel, zu dessen Fuß man bequem mit einer Seilbahn gelangt. Diese Aufstiegshilfe nahm unsere Wandergruppe am Freitag gern in Anspruch. Der größte Teil wanderte dann von der Heiligkreuzkapelle nahe der Bergstation aus über die sagenumwobenen Armentarawiesen Richtung Wengen, während sieben Mutige die Kreuzkofelwand auf einem Klettersteig durchstiegen. Danach ging es über eine einsame endlos scheinende Hochebene in Richtung Lavarella- und Faneshütte weiter. Nach einer kleinen Stärkung dort folgte ein langer Abstieg auf der Bergstraße nach Pederü, von wo aus der Bus zurück nach Badia genommen werden konnte.

Am Samstag wanderte die gesamte Gruppe gemeinsam einen schönen Rundweg von Armentarola aus, wo auch unsere erste Wanderung am Montag begonnen hatte. Noch einmal konnten die herrliche Landschaft und die großartigen Ausblicke genossen werden, noch einmal konnten wir uns an der guten Stimmung innerhalb der Wandergruppe erfreuen, noch einmal konnten wir die Erlebnisse einer ereignisreichen Wanderwoche Revue passieren lassen.

Abschließend muss man sagen: Wir hatten großes Glück! Das Wetter hätte besser nicht sein können, niemand verletzte sich oder erkrankte, alle waren begeistert von Unterbringung und Verpflegung im Hotel Melodia del Bosco. Nur die Wanderwoche ging viel zu schnell vorüber!

Heinz-Dieter Klusmann