Ausbildung in Schnee und Eis

Ein Bericht von der 2. Ausbildungswoche (Eisausbildung) zum Trainer C Bergsteigen
im Juli 2023 von Bianca Schulze

Den Titel „Trainer“ bekommt man beim Alpenverein nicht geschenkt.
Immerhin trägt man als fertig ausgebildeter Trainer als Leiter von Führungstouren und Kursen eine hohe Verantwortung für die Teilnehmer.
Das merken ich und meine 5 Mit-Anwärter direkt von Beginn an der diesjährigen Ausbildungswoche.
Es werden Führungstechniken und Bergrettung gelehrt sowie anschließend auch geprüft.

Wir treffen uns auf dem Gepatschhaus (1.928m) im schönen österreichischen Kaunertal mit unserem
Ausbilder aus dem Bundeslehrteam des DAV, Helmut (Heli) Mittermayr. Die Begrüßung ist
herzlich und wir mögen uns alle auf Anhieb. Heli ist Berg- und Flugretter sowie Bergführer und wichtiger Berater für Material- und Sicherheitsfragen bei DAV und Normungs-Ausschüssen.
Heli macht uns bereits mit der Einweisung am Abend bewusst, was wir in den kommenden Tagen alles vorhaben und was dabei jeder einzelne von uns leisten muss.
Natürlich freuen wir uns trotz der uns immer wieder bevorstehenden Prüfungssituationen auf die Touren in Schnee und Eis. Eine großartige Landschaft erwartet uns.

Der erste Tag startet mit Übungen zu Sicherungstechniken mit kleinen Seilschaften und größeren Gruppen sowie den unterschiedlichen Bergrettungstechniken am Gletscher. Dazu wandern wir in einen eigens dafür angelegten Schulungsbereich des nahegelegenen Gletscherschliffs. Hier finden sich Bohrhaken und Standplätze für unsere Übungen.

Die Tage beginnen früh, sind lang, nie langweilig. Gefüllt mit Praxis und Theorie bis in den Abend.

Am Abend planen wir die Tour für den kommenden Tag. Es soll aufs Brandenburger Haus gehen. Dieses thront auf 3.277m Höhe oberhalb des Gepatschferner.
Das Wetter ist leider nicht beständig und für den Mittag ist ein Gewitter angekündigt. Also heißt es früh starten und vor der Zeit am Ziel sein. Unsere Rucksäcke sind gepackt.
Wir steigen am Morgen über den aperen Kaunertaler Gletscher auf und überschreiten die Weißseespitze mit ihren 3.518m. Auf der Tour übernimmt jeder einmal im Wechsel die Führung der Gruppe. Heli begutachtet Führungsstechnik und persönliches Können. Man fühlt sich also dauerhaft beobachtet und bewertet.
Unmittelbar hinter der Weißseespitze auf dem Gepatschferner angekommen kündigt sich das Gewitter wesentlich früher an. Folglich heißt es Steigeisen an und die Beine in die Hand nehmen, um die knapp 4 km bis zum Brandenburger Haus sicher und einigermaßen trocken zu absolvieren.
Auf dem Gletscher liegt nicht viel Schnee, die teils recht großen Spalten sind gut sichtbar und können leicht umgangen werden. Es fängt plötzlich an stark zu regnen und wir legen noch eine Zahn zu.
Schließlich kommen wir ziemlich nass auf der Schutzhütte an. Unsere Sachen trocknen wir im Trockenraum und machen es uns am warmen Kamin bequem. Heute steht nur noch Theorie auf dem Plan. Bei unsteten Witterungsverhältnissen muss der Ausbilder jederzeit flexibel mit den Lehrinhalten umgehen können.

Die Nacht wird kalt. Auch in den Zimmern ist es nahe dem Gefrierpunkt. Aber die dicken Daunendecken halten warm.

Am nächsten Morgen geht es hinaus auf den Gletscher. Eine wahnsinnig archaische Landschaft.
Heli hat uns bereits eine schöne breite Gletscherspalte für unsere Spaltenbergungs-Übungen ausgesucht. Dort angekommen bauen wir unsere Hintersicherung auf und teilen uns in 2 Dreierseilschaften auf. Wir üben die Rettung beim Spaltensturz und wie wir dies unseren späteren Kursteilnehmern vermitteln können. Für unsere eigenen Übungen rutsch oder springt der Seil-Erste in die Spalte. Was umgehend am Rest der Seilschaft ordentlich Zug erzeugt. Oft wird man dabei von den Beinen gerissen. Die Bremsknoten im Seil sowie eine gute Eispickeltechnik unterstützen das Halten des Sturzes erheblich.
Nun baumelt der Seil-Erste knapp 1m über dem Spaltenboden. Seine Seilschaftskollegen müssen nach einem vorgegebenen Ablauf einen sicheren Standplatz aufbauen und den Gestürzten bergen.
Oft eine schweißtreibende Angelegenheit, da die Bergung unter Zeitdruck und erhöhtem Kraftaufwand durchgeführt wird.
Jeder wurde mehrfach gerettet, stieg selbständig über den Spaltenrand aus, löste Unmengen von Bremsknoten und hat schon jeden seiner Kollegen geborgen.

Mit einer abschließenden Lehrprobe zum Standplatzbau im Eis geht ein aufregender und lehrreicher Tag auf dem Gletscher zu Ende. Wir genießen das reichhaltige Abendessen auf der Hütte.

In der Nacht schneit es. 13cm Neuschnee. Die Scheiben im Zimmer sind angefroren.
Draußen Schneesturm und Null Sicht. Aber der Abstieg steht an. Und während diesem wollen wir noch einen der Hintereisspitzen-Gipfel mitnehmen. Wir bilden folglich eine große Seilschaft und lassen uns vom GPS-Gerät auf die erforderlichen Punkte leiten, was erstaunlich gut funktioniert. Allerdings gilt es besonders aufmerksam zu sein, da die schmaleren Spalten zugeschneit wurden, jedoch nicht so stark, dass sie unserem Gewicht standhalten würden. Meist stürzt der Seil-Erste, und in einer großen Seilschaft kann derjenige mit dem effektiven Mannschaftszug wieder herausgezogen werden. Solche Vorgehensweisen sind nun erlernt und müssen wie am Schnürchen funktionieren. Dabei haben wir immer das wachsame Auge von Heli im Nacken, der unser persönliches Können und die Umsetzung des Erlernten am Ende der Woche mit bestanden oder nicht bestanden bewerten muss.
Trotz des White-Out erreichen wir gezielt unseren Gipfel. Während des folgenden Abstieges über die Rauhekopfhütte reißt der Himmel auf und belohnt uns mit reichlich Sonnenschein. Ein Stück Kuchen auf der Hütte darf auf keine Fall fehlen.

Im Bereich des Gletscherbruchs am Ende der Gletscherzunge führen wir Übungen zur Eispickel- und Steigeisentechnik durch. Es geht um das Vermitteln von sicheren Gehtechniken im Eis und welche Übungen wir dazu mit unseren späteren Kursteilnehmern durchführen können.

Für die nächsten Tage bleiben wir im Gepatschhaus. Von hier aus starten wir unsere Prüfungstour auf den Glockturm. Jeder hat die Tour zuvor selbst geplant und führt die Gruppe eine Zeit lang eigenverantwortlich an. Es gilt in schwierigen Passagen die geeigneten Sicherungsarten zu finden und korrekt umzusetzen, sowie die Teilnehmer für die umgebende Natur und Umwelt mit kleine Wortbeiträgen zu begeistern.
Die anderen Prüflinge spielen die potentiellen Teilnehmer und bringen natürlich auch Fragen hervor. Nicht zuletzt wurde ein Teilnehmer instruiert einen Unfall vorzutäuschen. Dabei muss der Trainer-Anwärter entsprechend richtig und besonnen reagieren.

Nachdem alle Übungen durchgeführt, Wissen vermittelt und Lehrproben abgenommen wurden hieß es am letzten Tag: “ALLE BESTANDEN!“

Die Zeit in den Bergen fordert. Gerade die Ausbildung des Deutschen Alpenvereins zu einem verantwortlichen Trainer mit ihren vielen Fachinhalten und natürlich praxis-gefüllten Unterrichtseinheiten bereitet hervorragend auf das Trainer-Sein vor. Man muss sbereits ein gewisses Maß an Erfahrung mitbringen, um für eine solche Ausbildung zugelassen zu werden. Ich selbst bin an der Ausbildung persönlich gewachsen und konnte viel Guten für mich und meine Sektion mitnehmen.

In diesem Jahr konnte ich meinen erste Alpinen Basiskurs eigenverantwortlich durchführen. Es macht mich sehr glücklich, dass meine Teilnehmer bei mir eine Menge lernen konnten, wunderbare Bergerlebnisse und eine Menge Spaß hatten. 😉