10 Tage auf der Coburger-Hütte, Juni 2017

Fünf Alpenfreaks 10 Tage auf der Coburger-Hütte

Es ist soweit! Endlich kann es losgehen – die Berge winken und wir fünf Alpenfreaks schauen erwartungsvoll den kommenden 10 Tagen entgegen.

Tag 1

Ziel ist zunächst die Coburger Hütte (1920m) der gleichnamigen Sektion, hübsch gelegen am Drachensee und eingeschlossen von Bergen, die zum Wandern, Klettern, aber auch zum Relaxen einladen.

Der Aufstieg zur Hütte von drei Stunden, mit reichlich Gepäck bedingt durch das Seilzeug und jede Menge Ausrüstungsmaterial, entpuppte sich als beschwerlich. Da freute man sich über eine Rast an dem kristallklaren Seebensee. Jedoch wurden zum Schluss noch mal all unsere Kräfte mobilisiert, und zwar vom nahenden Gewitter, das sich bereits mit Grummeln und dicken Regentropfen ankündigte.

Tag 2

Nach einer erholsamen Nacht in unserem gemütlichen Fünferzimmer, sollte der erste Tag im Gebirge unser Akklimationstag werden. Die Kletterrouten am Fels machten wir schnell aus. Sie heißen „Love Story, Take it easy und Pokerface“.

Hier übten wir noch mal all die daheim gelernten Knoten, das Raupenkletten zu dritt mit Standplatzbau, das Überschlagsklettern in der Zweierseilschaft, alles bis zum Klettergrad 4+ und natürlich folgte eine Gipfelrast bei herrlichstem Sonnenschein. Alles fühlte sich gut und sicher an – aber dann kam der Abstieg: Todesscharte nannten wir das steile Geröllfeld mit gesteuerten Rutschpartien – grrrr, die Knie ließen grüßen! Und schon ging´s eiligen Schrittes zu unserem neuen Zuhause, denn der Sturzregen mit reichlich Gewittergeräuschen trieb unsere Füße an, förmlich über die Hänge zu fliegen.

Tage 3 und 4

Tag 3

Am nächsten Morgen entschieden wir uns spontan für den Weg Richtung Bibawierer Scharte und bogen ab zum Südgrat der Sonnenspitze (2420m), dem Ehrwalder Matterhorn. „Klettereinstieg 5- und anschließend Plaisirklettern“, so schrieb der Kletterführer in unserer Hosentasche. Aber die zunehmende Wolkenbildung um das Bergmassiv herum mit den dicken Nebelbänken ließ Zweifel an jeglichem Plaisir aufkommen und wir kehrten kurzerhand zur Hüttenjausenrast zurück mit ständigem Blick zum Himmel. Wie sich später rausstellen sollte, war das ein guter Entschluss! Um dem Wetter gerecht zu werden, blieb uns gegen Mittag eine Wanderung um die TajaKöpfe mit sämtlichem Regenzeug im Gepäck. Es ging am Drachensee vorbei, hoch bis zur Abzweigung Grünsteinscharte, von dort aufwärts zum Hinteren TajaTörl (2259 m) und wenig später folgte der Abstieg ins Geröllkar mit Sichteinschränkungen durch dichte Nebelschwaden, an Schneefeldern vorbei, dann einen Blick auf den Silbersee (genannt nach dem früheren Silberbergwerk), zurück zur Baumgrenze und in Serpentinen über Wiesen, Schotter in Richtung Seebenalm (1575m). Dort gab es für uns endlich eine Trinkpause und eine Knödelsuppenstärkung. Da wir bei dem Regen die einzigen Gäste waren, gesellte sich der Wirt zu uns und es kam zu einer fröhlichen Unterhaltung mit Grußbestellung an sein Schatzerl in der Coburger Hütte.

Tag 4

Am kommenden Tag nun war eines der gesteckten Highlights an der Reihe, nämlich der Taja-Klettersteig. Mit strahlender Sonne ging es munter los, motiviert für die 8 Stunden-Tour, hoffnungsvoll, die schwierigen D/E Passagen zu meistern, bewaffnet mit dem Kletterführer, der uns die sportlichen Aktionen topografisch und visuell aufzeigte, bzw. uns die ordentliche Herausforderung vor Augen hielt. Wir sollten jedenfalls einiges erleben.

Zu allererst mussten wir lernen, dass man immer mehr Zeit einplanen sollte, als in der Beschreibung vorgegeben ist. Erstaunlich auch, was solch ein Y-Gurt hält, wenn einem die Kraft verlässt und man in die Sicherheitsseile knallt! Man glaubt auch nicht, welche Reserven man mobilisieren kann, wenn man eigentlich schon geschafft ist! Oder wie erquickend zwischen Mammutanstrengungen so eine kurze Trinkpause ist! Dagegen nicht gerade aufbauend fand ich die kleinen Schilder mit den Standort- und Notrufnummern vor schwierigen Passagen. Und noch etwas gefiel mir nicht, du glaubst das Gipfelkreuz schon zum Greifen nah, weil du es hinter dem nächsten Felsvorsprung endlich zu sehen bekommst, da liest du aber in der Beschreibung, dass noch mindestens 1 Stunde Hürden zu überwinden sind! Ach nee! Und zwischendurch schaust du zum Himmel und weißt, das Wolkenbild verheißt nichts Gutes. Aber heute blickten wir besonders häufig auf das kommende Wetter, weil zwei Mädel aus Aachen die gegenüberliegende Sonnenspitze erklimmen wollten und dieser Berg schon längst im oberen Drittel in Wolken verschwunden war. Wir Fünf erreichten jedenfalls allesamt mit erheblicher Zeitverzögerung unseren angepeilten Gipfel einschließlich ein paar blauer Flecken mehr an den Beinen. Leider blieb uns die Fernsicht verwehrt. Schade nach so viel Anstrengungen!

Zu guter Letzt, waren wir aber dem Herrgott dankbar, dass er den heutigen Gewitterschauer um Stunden später geschickt hatte, sonst hätten wir die Hütte nicht schon beim dritten Donnerschlag erreicht – natürlich wieder pitschnass!

Aber wir vermissten unsere zwei Sonnenspitzmädel beim Abendessen. Der Wirt gab uns auf Anfrage gleich zu wissen, dass auch sie den Gipfel erreicht hatten, aber wegen des Unwetters mit Hagel, Nebel und Gewitter den Abstieg nach der Überschreitung nicht gefunden hatten. Sie warteten seit Stunden brav auf die Bergwacht, deren Anflug wir später mit einem Bergretter am Seil des Hubschraubers beobachten konnten. Gesehen haben wir die beiden Plaisirkletterinnen wohlbehalten erst am anderen Morgen. Soviel nur zum Ehrwalder Matterhorn…..

Tage 5,6 und 7

Tag 5

Der nächste Tag war bestimmt von trübem Wetter. Also packten wir unsere Klettersachen und unternehmungslustig ging es in den Klettergarten nahe der Coburger Hütte. Stand hatte man hier nur in einem riesigen Geröllfeld, selbst für ein kurzes kraftspendendes Picknick war es hier nicht wirklich schön – nur die Aussicht entschädigte uns für diese Unannehmlichkeiten. Um den Tag ab Mittag abwechslungsreicher zu gestalten, brachen wir zur Drachenscharte (2120m) auf. Dort konnten wir einer genüsslich fressenden Gams zuschauen. Auf einem großen Picknickstein rasteten wir und erfreuten uns an einer lustigen Fotoeinlage. Auf dem Rückweg konnten wir noch einmal die Aussicht auf die gesamte Bergregion bestaunen.

Tag 6

Am folgenden Tag stiegen wir nach Ehrwald ab. Der strömende Regen spiegelte unsere traurige Stimmung wieder. Wir bezogen unsere Zimmer in der Pension bei Mira und machten uns gleich auf zu einer Ortsbesichtigung. Schnell hatten wir alles im Griff. Ein Geschäft lud uns zu seiner heutigen Neueröffnung ein: Würstchen, Brötchen und kalte Getränke wurden uns angeboten.

Tag 7

Tags drauf fuhren wir bei abermals unbeständigem Wetter mit der Eisenbahn zu einer Besichtigungstour nach Garmisch, genauer gesagt nach Partenkirchen, um uns kulturell ein wenig weiterzubilden.

Tage 8 und 9

Tag 8

Da wir bergsteigerisch nicht lange ausgebremst werden wollten, begannen wir am nächsten Tag bei unbeständigem Wetter eine Tour zur Wiener Neustätter Hütte (2209m) – mit viel Regenzeug im Gepäck. Der Aufstieg hätte schöner sein können, wenn die nassen Steine nicht so rutschig gewesen wären. Der Wettergott bot alles: Hagel, Nebel, Regen und nur 6 Grad. Wir erreichten die Hütte – leider – nicht geheizt, die Kälte kam uns entgegen! Wie ungemütlich! Den Hüttenwirt Bernhard machten wir gleich raschelig, damit er den Kachelofen schnellstens anfeuerte. Solange hielten wir uns in seiner Küche auf. Wenig später gab es Knödelsuppe, die uns von innen wieder aufwärmte. Unsere Überlegungen, bei diesem grässlichen Wetter hier zu übernachten, warfen wir schnell über den Haufen, nachdem wir das feudale Plumpsklo benutzt hatten. Irgendwie winkte die Dusche im Tal. Nach einiger Zeit ebbte der heftige Niederschlag ab und wir konnten den Abstieg wagen, da der Fels durch den Wind etwas abgetrocknet war. Wir staunten nicht schlecht, als wir beim Rückweg einigen Wanderern begegneten, die in der Neustädter Hütte übernachten wollten – mit dem Ziel, am nächsten Tag bei Wetterbesserung den Gipfel der Zugspitze zu erreichen.

Tag 9

Unser letzte Tag überschüttete uns mit herrlichem Sonnenschein, ein Bergwetter, das sich jeder nur wünscht – Kaiserwetter also. Heute teilte sich unsere Gruppe auf. Ein Teil entschied sich für die Zugspitzbesteigung über den Klettersteig ausgehend von der Höllentalangerhütte, also aufwärts von deutscher Seite mit erlebnisreichen Passagen, und ich – diese Tour hatte ich vor zwei Jahren mit Bergführer Manfred aus unser Nachbarschaftssektion Gummersbach gemacht – erfreute mich an einer Genusswanderung zum Gatterl (2100m) – der Staatsgrenze Österreich/Deutschland im Gebirge – mit entsprechendem Hinweisschild und Grenzzaun, der allerdings ein Durchgangstörchen besitzt. Von hier aus blickte ich gegenüber auf den Zugspitzgipfel und auf die Knorrhütte, die von vielen Gatterl-Durchquerern angesteuert wird. Am heutigen Tage waren, Dank des sonnigen Wetters, sehr viele Bergbegeisterte unterwegs. Auf der Terrasse der Hochfeldernalm (1732m) konnte ich später das Panorama der umliegenden Berge genießen und mich an der herrlichen Bergwelt erfreuen.

Tag 10

Tag 10

Die Rückreise gestaltete sich unterhaltsam durch die gemeinsamen Erlebnisse und gesammelten Erfahrungen. Solch interessante Tage haben uns irgendwie zusammengeschmiedet. Es bleibt festzustellen, dass es in dieser Bergregion noch einiges zu erklimmen gibt und wir bestimmt nicht das letzte Mal die Zugspitzregion besucht haben.

Und noch etwas muss erwähnt werden. Auf unserer Bergtour begleitete uns der mehrfach gehörte Satz: „Es erklärt sich von selbst“! Dieser Spruch hat uns als Antwort natürlich nie richtig weitergebracht. Das erste Mal bekamen wir ihn von unserem Hüttenwirt zu hören, als wir nach einer Abstiegsroute fragten. Das zweite Mal antworteten uns die Aachener Mädels mit den gleichen Worten auf eine Frage zum Taja Klettersteig. Also gebrauchten wir diese Redewendung nun bei den verschiedensten Wortwechseln. Jeder musste gleich grinsen und wusste, was gemeint war.